Die Wette

Die eigentliche Tempelanlage kam nun in Sicht. Mirjam lief, Jacob immer noch hinter sich herziehend, durch zwei Tore bis zu einem kleinen, unscheinbaren Haus. Dort streifte sie sich die Schuhe von den Füßen. "Zieh deine Strümpfe aus." sagte sie zu Jacob. "Und leg deinen Schmuck ab."

Jacob blieb vor dem Haus stehen, sah sie einen Moment lang an, nickte dann aber und tat wie ihm geheißen, selbst wenn er seine Ketten und die Ohrringe nicht gern auszog, es gehörte zu ihren Sitten, er legte sie vorsichtig zu Boden und sah auf.
Kuro hingegen war einige Zeit lang gesprintet und nun schoss er auf Jacob zu um sofortig an seinem Bein zu sein, sich an diesem zu reiben, worauf er sich einen Moment lang hinhockte und nun zu ihr sah. "Wir werden eintreten, nicht wahr?"

Einen Augenblick war Mirjam verwirrt. "Natürlich." sagte sie, als sie den Ohrring, den sie im linken Ohr trug, abnahm. Sie küsste ihn kurz und legte ihn in eine Nische. "Wir gehen hinein."

Er nickte, stand wieder auf und wartete einen Moment, trat nur vorsichtig auf den Eingang zu, war er sich doch nicht sicher ob er als erstes eintreten durfte.
Sacht biss er sich auf die Unterlippe als er sich ein weiteres Mal umsah. Dieser Ort war so seltsam und anders, erinnerte jedoch an einen Tempel in Asien, doch wo befanden sie sich eigentlich genau?

Mirjam nahm ihn ungehalten am Ärmel und zog ihn hinter sich her. "Du bist schuld, wenn ich bestraft werde, weil ich zu spät komme." knurrte sie ihn an. "Also komm."

Er sah sie verwundert an, war es wirklich so verheerend wenn sie zu spät wäre? Er folgte ihr schnellen Schrittes. "Verzeihung...", seufzte er nur und schwieg darauf hin, auch als sie eintraten war der Raum viel zu neu für ihn als das er sich konzentrieren konnte und geriet beim Ansehen beinahe ins Stolpern.

Mirjam lachte nervös auf. Dann tauchte sie ihre Hand in eine Schale voll mit Rosenwasser und berührte ihre Stirn, ihren Mund und ihre Brust damit. Dann setzte sie sich an die Wand auf die Knie und bedeutete Jacob, das selbe zu tun.

Jacob verstand dies und ahmte ihr die Geste nach, vorsichtig fasste er in die Schale und schloss die Augen einen Moment, setzte sich zu Mirjam und schwieg. Dies war so ungewohnt und anders, aber er wollte nicht unhöflich sein, wollte versuchen ihrer Kultur etwas Respekt zu zollen, selbst wenn er bisher nichts verstanden hatte.

Sie lächelte ihm kurz zu. "Du kommst mir vor, als wärst du nicht aus diesem Land..." sagte sie leise. Die Mönche kamen herein und schenkten Mirjam einer nach dem anderen ein kurzes, aber warmes Lächeln. Jacob warfen sie verwirrte Blicke zu. Mirjam unterdrückte einen Seufzer. Das würde noch vieler Erklärungen bedürfen.

Jacob kratzte sich verlegen am Hinterkopf. "Nicht...ganz...", murmelte er und senkte den Blick, ebenfalls als die Mönche eintraten schwieg er unentwegt und hielt den Blick gesenkt, konnte sie nur aus dem Augenwinkel erblicken.

Mirjam nickte unauffällig. Die Zeremonie dauerte glücklicherweise nur eine halbe Stunde. Danach waren sie entlassen. "Mirjam!" hielt einer der Mönche sie zurück, als sie gehen wollte. "Willst du mir nicht deinen... Begleiter vorstellen?"

Jacob stand langsam auf, sein Blick immer noch gesenkt und als Mirjam aufgerufen wurde, blieb er ebenfalls stehen, verbeugte sich vor den Mönchen und schwieg einen Moment. "Verzeiht, aber mein Name ist Jacob", er schwieg wieder, während Kuro langsam hereintappste und sich neben Jacob setzte, die Mönche musterte.

"Er stammt nicht von hier." sagte Mirjam leise. "Ja... das sehen wir..." erwiderte der Mönch. "Allerdings... woher stammt er? Ich habe noch nie einen der Priesterklasse gesehen, der sich so gegen das Erwachsensein gesträubt hat."

Jacob schloss die Augen, richtete seinen Oberkörper nur schwach auf, sein Haupt war jedoch weiterhin gesenkt. "Ich weiß nicht wie weit entfernt mein Heimatort von dem Eurigen entfernt ist... ich bin mir selbst nicht ganz im Klaren, warum mein Weg mich hierher geführt hat." Erst jetzt sah er auf und wart verwundert als er die Mönche erblickte, er schwieg, dachte er träumte, das konnte doch nicht sein, vor alledingen dieses Gerede um eine Verbindung und das damit verbundene Erwachsensein.
"Nun, ich bin mir nicht sicher, wie mein Begleiter über diese Verbindung...denkt." Diese Worte waren ungewohnt für ihn, fand er diese Tatsache doch absurd.

Die Mönche schüttelten den Kopf. "Du kannst nicht von dieser Welt stammen." sagte der Sprecher wieder. "Sonst würdest du nicht so denken, wie du denkst. Mirjam!" Er sah das Mädchen an. "Ja?" "Du möchtest doch erwachsen werden. Also erwarte ich von dir, dass du Verantwortung für den jungen Mann hier übernimmst. Erkläre ihm unsere Lebens- und Denkweise, so gut du es vermagst und so viel wie er erfahren will." Mirjam nickte. "Und lass ihm neue Kleidung bringen."

Sacht schrack er auf. Er neue Kleidung? Er würde von einer jungen Frau eingewiesen werden und musste hier verweilen? An diesem Ort?
Ein Lächeln lag auf seinen Lippen. "Vielen Dank", er musste freundlich sein, sie waren gutmütig und vor alledingen hatten sie ihn aufgenommen ohne das irgendein Verdacht bestand, das er gefährlich wäre oder ihm Gefahr drohte. Er sah kurz zu Kuro, dieser schrägte sacht den Kopf an und miauzte, worauf Jacob ihn auf seine Arme nahm, dann zu den Mönchen und Mirjam sah. "Man kann Welten wechseln?", murmelte er eher zu sich, er war immer noch perplex.

Mirjam lachte kurz hell auf. "Komm Jacob. Ich zeige dir die Anlage."

Jacob nickte hastig, verbeugte sich nochmal vor den Mönchen und schritt dann zu Mirjam, schritt hinaus und steckte den Schmuck in die Hosentaschen, die socken hingegen zog er wieder an und seufzte. Kuro schien das ganze nicht zu stören, aber Jacob war eindeutig, etwas überfordert.

Mirjam befestigte den Ring wieder in ihrem Ohr. Ein Schlangenzahn baumelte hinunter. "Du warst doch gar nicht begeistert davon, deinen Schmuck abzulegen? Warum legst du ihn nicht wieder an? Aber eigentlich sollte es mir ja egal sein." Sie führte ihn in eine kleine Kammer. "Das hier ist dein Zimmer."

Er schüttelte sacht den Kopf. "Ist...jetzt nicht von Nöten." Er sah kurz zu ihr, schwieg einen Moment und prägte sich den Weg genaustens ein, ein sachtes Nicken gab ihr Bescheid, das er verstanden hatte. Das Zimmer war ungewohnt klein, doch besser als gar nichts, es war eine Unterkunft, eine die er nicht verdient hatte, also war es auch nichts anderes als Dank was er ihnen schulden konnte.

Mirjam nickte und verschwand kurz. Als sie zurück kam, hatte sie einen einfachen, schwarzen Kimono auf dem Arm. "Ich hoffe, dies hier sagt deinem Geschmack zu." sagte sie leicht lächelnd und legte ihn auf einen niedrigen Tisch. "Zieh dich bitte um. Dann zeige ich dir die Anlage." Sie ging vor die Tür und zog sie zu.

Er nickte nur sacht und musterte noch einmal den Raum, fuhr sacht mit der Hand über den Kimono, der Stoff war angenehm, keinesfalles irgendwie zu schwer. Er knöpfte sein Hemd auf und zog es sich aus, legte es vorsichtig zusammen und fuhr sich durchs Haar, streckte sich sacht, erst jetzt bemerkte er, das es seltsamerweise doch schmerzhafter war als er es zuvor gedacht hatte. "Au...", warscheinlich war es nur eine Prellung, wie auch immer er im Stall gelandet war, es war sehr unsanft.
Er öffnete seine Hose und zog diese aus, zog sich den Kimono um, was erstaunlich einfach war, zog sich seinen Schmuck wieder an und lies die Kette unter seinem Kimono verschwinden.
"So...", murmelte er und fuhr sich durchs Haar, hatte sich die ganze Zeit über eher seinem Kater gewidmet, zumindest was dem Augenkontakt galt. "Eine Bindung...mit dir?", sanft strich er ihm über den Kopf und kraulte ihn hinter dem Ohr. "Wie soll sowas möglich sein?"

Mirjam klopfte an die Tür. "Bist du fertig?" fragte sie. "Das Gelände ist recht weitläufig. Wenn ich dir heute noch alles zeigen soll, müssen wir uns ein klein wenig beeilen." meinte sie und öffnete die Tür, jedoch ohne hineinzuschauen. Es könnte ja sein, dass er noch nicht fertig umgezogen war.

Nachdem er ihre Worte vernommen hatte wandte er sich zur Tür und schritt auf diese zu, wobei sie sie jedoch aufzog und er direkt vor ihr stand, er sich leicht vorbeugte.
"Ich bin so weit...", sprach er sanft, lächelte freundlich. "Kuro wird aber dennoch hier bleiben, er ist eher nachtaktiv...", meinte er ergänzend und richtete sich wieder auf, verschränkte die Arme vor der Brust.

"Natürlich... ganz wie dein Kater es wünscht... ich sage noch in der Küche bescheid, dass sie ihm etwas bringen sollen..." Sie zog ihn mit sich. "Bei der Gelegenheit kann ich dir auch gleich den Speisesaal zeigen."