Gegen die Macht Gottes

"Fegefeuer?", hakte ich nach. Es gab so vieles, was ich nicht wusste. Und jedes mal, wenn ich Twesi nach etwas fragte, kam ich mir so klein und unwissend vor.

"Wirst du gleich sehen, wenn sie da sind" meinte ich.

"Mh", ich nickte. "Und wann kommen sie?"

ich zuckte mit den Schultern. "Keine Ahnung," als plötzlich vor uns fünf Feuersäulen auftauchten.

Ich schrie erstickt auf, sprang zurück, wie ein verschrecktes Kaninchen, und kauerte mich hinter Twesi zusammen. Wie schreckhaft ich doch geworden war. Kaum war noch etwas übrig von der ruhigen, ausgeglichenen Emily, die ich noch vor Kurzem gewesen war. Es gab einfach so vieles in der Welt, die Twesi mir zeigte, was ich noch nicht kannte, und wovor ich aufpassen musste.

"Das sind die Fegefeuer" sagte ich. "Und keine Angst, sie sind nicht heiß sondern kalt" Die Feuersäulen bewegten sich auf uns zu.

K... Kalt? Obwohl mir das physikalisch völlig unmöglich erschien, wollte ich Twesi erst einmal glauben, solange ich keine weiteren Fakten hatte. Warum sollte sie mich auch anschwindeln? "Sind sie lebendig?", flüsterte ich leise.

"Nein, sie werden kontrolliert" antwortete ich, während sich die Fegefeuer auf jeden von uns zubewegten.

"Von wem?", fragte ich weiter. Diese Fegefeuer sahen wirklich unglaublich aus. Und ich spürte, dass auch sie eine gewisse Faszination ausstrahlten, die einen in den Bann zogen - ähnlich, wie bei den Eisblumen.

"Du wirst sie kennen lernen" sagte ich, bevor die Fegefeuer uns erreicht hatten und jeden von in einem kalten Strudel verschluckte. Ich verschwand in einem Wirbel aus lodernden Flammen und tauchte dann in einer Höhle, die mit Eis überzogen war, wieder auf. In einer Ecke der Höhle stand ein riesiger, knorriger Baum, davor wartete eine Frau mit blondem Haar und grünen Augen, sie schien etwas katzenhaftes Auszustrahlen.

Ich wich erst ängstlich einen Schritt zurück, als ich sah, wie Twesi von einem der Strudel verschluckt wurde. Doch dann warf ich einen Blick auf meine Mutter, sagte mir, dass uns schon nichts passieren würde und ließ mich ebenfalls von den Wirbeln aus kalten Flammen einwickeln.
Als ich meine Augen wieder öffnete, fand ich mich in einer großen, recht kalten Höhle wieder. Twesi stand nur wenige Meter neben mir. Vor uns sah ich eine Frau und einen sehr... alten Baum, der sich gewaltig in die Höhe erstreckte. Er musste Jahrtausende alt sein! Ein erstauntes "Oh" glitt über meine Lippen.

Ich lächelte leicht und sah zu Emily.

"Wer ist das?", flüsterte ich Twesi zu und wendete meinen Blick nicht von der 'Katzen-Frau' ab. Sie sah wunderschön aus. Aber irgendwie passte sie nicht hier rein.

"Mylady Lilith" antwortete ich leise. "Meine Mutter"

Ich öffnete meinen Mund, schloss ihn sogleich wieder und die Luft blieb mir fast in der Lunge stecken. Nur mit Mühe konnte ich ein Husten verhindern. Ihre Mutter? Erstaunt betrachtete ich die Katzen-Lady mit neuem Interesse. "Wollen wir nicht zu ihr gehen?"

Ich nickte "Natürlich" Mit einem leichten Lächeln ging ich zu den beiden hinüber.

Ich folgte Twesi aufmerksam. Und je näher wir der Katzen Lady kamen, desto aufgeregter wurde ich. Ich würde Twesis Mutter kennenlernen! Das war aufregend! Zumal schon ihr Vater - Lucifer - eine ziemlich... hohe Person war.

Eine ziemlich hohe Person xDD

Kaum hatten wir meine Mutter erreicht fand ich mich auch schon in ihrem Armen wieder. Nach kurzer Zeit löste ich mich von ihr, um meine Freundin vorzustellen. "Mutter, das ist Emily Manderly. Emmy, das ist, wie du bereits weißt, Mylady Lilith, meine Mutter" stellte ich vor.
"Es freut mich dich kennen zu lernen Emily" sagte Lilith.

[Ohja. XD]

"Die Freude ist ganz meinerseits", brachte ich heraus und lächelte Lady Lilith nur mit Mühe zu. Vom Nahen sah sie sogar noch unglaublicher aus! Ich konnte voll und ganz verstehen, warum Twesis Vater Lucifer mit ihr eine Bindung eingegangen ist.
Dennoch fragte ich mich insgeheim, wie sie es nur schaffte, so auf andere zu wirken. Und ein bisschen neidisch wurde ich auch.
"Was, eh", ich fühlte mich irgendwie verpflichtet etwas zu sagen, "was machen Sie hier, Mylady? So ganz... alleine meine ich?" Es stimmte ja. Wenn ich mir hier so umsah, war es doch recht karg. Eine Höhle aus Eis, und ein großer Baum. Mehr war hier nicht.

Lilith lächelte leicht. "Nun erstens brauchtet ihr jemanden hier, der euch die Fegefeuer vorbeischickt, da man sie nur von der Hölle aus lenken kann. Und zweitens nun, ich habe Lucifer schon seit längerem nicht mehr gesehen" sagte sie.
Ich runzelte die Stirn, als ich das Schlagen von Insektenflügeln hörte. Ein sehr, sehr lautes Geräusch. "Nekir" murmelte ich, als auch promt eine ganze Horde der Höllenbewohner angeflogen kam. Nekir waren in etwa Insekten mit sechs Beinen und einem sehr, sehr harten Chitinpanzer und sehr, sehr giftigen Stacheln, der wie bei Beinen an ihrem Hinterteil war.

Ehe ich realisierte, was Lady Lilith da sagte und begriff, wo genau wir uns befanden, wurde ich von eben jenen Flügelschlägen aufgeschreckt. "Was- Was sind Nekir?", flüsterte ich und trat einen Schritt zurück. "Sind sie gefährlich?" Die Insekten schwebten über mich und Twesi hinweg und ich warf immer wieder unruhig meinen Kopf in den Nacken, um sie zu beobachten.

"Nekir sind Wesen, die in der Hölle leben ... Sie sind giftig ja, aber wenn man weiß was man tut nicht unbedingt gefährlich" antwortete ich. "Ich kann sie nur nicht leiden"

"Aha", antwortete ich und verzog leicht das Gesicht, als ich die Insekten näher betrachtete. "Also... sind wir wirklich in der Hölle?", fragte ich ungläubig.

"Nun im neunten Kreis der Hölle um genau zu sein. Der neunte Kreis der Hölle ist ein Eispalast, so sagt man. Und es ist so. Die Hölle ist in neun Kreise aufgeteilt. Die unteren Kreise hat aber noch nie jemand erforscht" erläuterte ich, war froh, als mein Vater den Nekir gebot zu verschwinden.

"Warum nicht?" Ich sah den Nekir hinterher, die langsam im Dunkel der Höhle verschwanden. "Gibt es da gefährlichere Wesen, als diese da?"