Weit, weit weg

"Das ist das erste Mal, dass ich ohne Schlafanzug schlafe.", meinte sie und betrachtete ihre Kleidung. Eine Röhrenjeans umfasste ihre schlanken Beine, eine pinkes T-shirt mit dem Aufdruck 'Sweet 16 - reiches Gör', das ihr Bruder ihr mal zum Geburtstag geschenkt hat, und ein Haarreif, machten ihr Outfit heute aus.

"Unterwäsche tut es auch." sagte Ayani lächelnd und schnürte sich das braune Mieder auf. "Es ist nachts oft sehr warm hier, ich persönlich würde eingehen, wenn ich mir noch etwas anziehen müsste."

Mandy zögerte, zog dann aber ihre Hose und zuletzt auch ihre T-shirt aus.

Ayani lächelte. "Diese Kleidung fällt in diesem Wald zwar nicht so sehr auf, aber wenn du doch etwas anderes möchtest, frage." meinte sie und führte Mandy zu ihrem Bett. "Schlaf du dort. Ich schlafe auf dem Boden." sagte sie. Sie zog das Kleid aus, stand nun ebenfalls in Unterwäsche da, und hängte das Kleid über einen Stuhl. Dann nahm sie eine Decke vom Bett und kuschelte sich am Fenster unter sie.

"Ist das auch wirklich okay?", fragte sie und setzte sich auf das Bett. Es war weich, auch wenn auf eine andere Art, als ihr Bett im großen Haus.

"Klar." sagte Ayani schläfrig. Wenig später schlief sie bereits. Leise schnurrte sie im Schlaf.

Echt merkwürdig dieser Tag. Aber vielleicht träum ich das ja auch alles. Mandy legte sich in das Bett und breitete die Decke über sich aus. Nur nach kurzer Zeit schlief sie erschöpft ein. Sie war wohl doch ziemlich müde gewesen.

Am nächsten Morgen wachte Ayani bereits, wie immer, mit den ersten Sonnenstrahlen auf. Sie zog sich rasch an und besorgte etwas zu Essen, dass sie Mandy auf einen kleinen Tisch neben dem Bett stellte. Dann setzte sie sich hin und aß etwas von dem Obst, dass sie geholt hatte.

Mandy drehte sich bevor sie aufwachte in die Richtung, in der Ayani saß. Als sie dann die Augen aufschlug und das Mädchen erblickte zuckte sie leicht zusammen. "Und ich dachte, das wäre alles ein abgefahrener Traum gewesen. Morgen, Ayani." Sie rieb sich den Schlaf aus den Augen.

"Nicht wirklich." sagte Ayani grinsend. "Guten Morgen." antwortete sie dann. "Möchtest du etwas essen? Und möchtest du die Zeremonie heute schon über dich ergehen lassen oder erst später?"

"Warum auf morgen verschieben, wenn man es doch gleich erledigen kann?", meinte sie und schlug die Decke zur Seite. "Ich esse morgen nichts. Keine Ahnung warum, aber es ist schon immer so."

"Tja..." sagte Ayani leise. Ihre Ohren zuckten leicht. "Ich bin nervös." gab sie zu. Dann holte sie Mandys Klamotten. "Möchtest du dein Zeug wieder anziehen oder möchtest du etwas von mir?" fragte sie.

"Was wäre für eine Zeremonie denn angebrachter?" Jedenfalls kein Spitzen-BH mit passendem Höschen. Also brauchte sie etwas zum Anziehn.

"hm..." Ayani dachte kurz nach. Dann lief sie zu einer Truhe und zog ein schönes, grünes Kleid heraus. Es war hochgeschlossen, jedoch ohne Ärmel und ging bis zu den Knöcheln. Eng geschnitten, wie es war, war in den Rock ein Schlitz geschnitten, damit man schnell laufen konnte. "Wenn es dir passt, kannst du das hier anziehen. Ich denke, es passt zu dir."

"Danke." Sie nahm das Kleid entgegen. "Normalerweise trage ich so etwas nicht, aber das hier ist für meine Verhältnisse eh alles andere als normal." Sie schlüpfte in das Kleid rein. Sie fand dort bequem Platz und empfand das Gefühl des Tragens als angenehm.

"Es passt wirklich gut zu dir." sagte Ayani lächelnd. Dann stöberte sie etwas herum und fand schließlich einen goldenen Anhänger. "Das hier schenke ich dir." meinte sie, als sie ihn ihr um den Hals hängte. "Aber komm jetzt. Sie warten schon auf uns."

"Der ist echt schön.", sagte sie und betrachtete den Anhänger und dankte ihr. "Woher wissen sie denn, dass ich nicht morgen die Zeremonie machen will?", fragte sie verdutzt, während sie Ayani nachging.

"Ayashi hat gelauscht." antwortete Ayani. "Mein Bruder ist sehr neugierig, musst du wissen... aber deine Ohren sind zu schlecht, um ihn zu hören." Sie gingen zum großen Platz. Die anderen hatten sich bereits versammelt. "Ayani?" fragte der älteste, hielt ihr eine Schale voller Wasser und ein Messer entgegen. Ayani nickte, schnitt sich mit dem Messer leicht in den Finger und ließ einen Tropfen Blut ins Wasser fallen. Ihr restliches Blut tupfte sie mit einem Tuch ab. "Wir sind soweit." sagte der Älteste und begann mit seinen Fragen, die Mandy alle nach ihrem Gewissen beantwortete. Die Menge nickte beifällig. Schließlich reichte der Älteste Mandy die Schale.

Mandy nahm sie entgegen. Sie versuchte den metallischen Geruch nicht wahrzunehmen und stellte sich einfach vor, es wäre Tomatensaft. Magischer Tomatensaft. Sie sah zu dem Ältesten, als dieser auffordernd nickte, hob sie die Schale an die Lippen und trank. Sie hatte es sich schlimmer vorgestellt.

Ayani beobachtete sie. Sie hatte Mandy bereits liebgewonnen. Und sie war neugierig, was passieren würde.

Sie merkte wie alle Blicke auf sie gerichtet waren. Es war ihr unangenehm. Auf einmal hörte sie leise Stimmen, die sie zuvor nicht gehört hatte. Sie tuscheln.. Aber worüber?

Ayani lächelte. Sie sah den verwirrt lauschenden Blick von Mandy. Scheinbar wurde ihr Gehör besser.

Sie drehte sich zu der einzigen Person um, zu der sie in so kurzer Zeit eine Verbindung aufgebaut hatte. Warum lächelt sie so? Mandy bemerkte nicht einmal, wie alles um sie herum schärfer wurde.

"Willkommen bei uns." sagte Ayani herzlich und nahm sie in die Arme. Der metallene Arm fiel mit einem leisen Klong zu Boden, ein gesunder, neuer war an seine Stelle getreten. "Du hast geglaubt." lächelte Ayani.

Mandy schloss ihre neue 'Schwester' in die Arme. Dann sah sie zu Boden und meinte: "Es füllt sich wirklich besser an. ^^"