Weit, weit weg

Also langsam hatte ich die Schnauze voll, von diesen Spritzen. Ich wehrte mich gegen die Wirkung und konzentrierte mich auf die Wut, die sich in mir staute. "Du hast deine Schwester schon verloren.", knurrte ich drohend, bevor ich mal wieder zusammensackte.

"Vielleicht. Aber noch lebt sie... noch kann sie bei uns bleiben." meinte Tobias mit einem triumphierenden Lächeln und brachte sie fort, an den Ort, von dem Ayashi erst gekommen war.

Ich schlug meine Augen auf und sah direkt in das grinsende Gesicht meines Bruders. "Iiähh", machte ich.

"Hm... du bist wach..." meinte Tobias nur und stellte sie vor einen Laboranten und einen Arzt. "Sie wissen, was zu tun ist..." Er verknotete die Arme der Zwangsjacke, in die er sie gesteckt hatte, miteinander. Dann ging er.

Ich warf ihm einen letzten hasserfüllten Blick nach. "Kommen Sie näher und ich beiße ihnen in die Hand.", knurrte ich den beiden schließlich zu. Ich bewegte meine Schultern, um die Jacke zu lockern. Meine Krallen bohrten sich durch den Ärmelstoff.

Der Laborant seufzte leise. Dann injizierte er ihr einen kleinen Chip per Blasrohr. "So... jetzt können wir arbeiten..." meinte er.

"Warum wollen alle, dass ich wieder ein Mensch werde.", fragte ich mich leise und schloss geschlagen die Augen.

Es dauerte zwei Wochen, bis Elune oder vielmehr Mandy aus der geschlossenen Abteilung entlassen werden konnte. Ayashi holte sie ab.

Ich war nervös. Heute würde ich sie wieder sehen. Sie würde mir die Augen auskratzen... mir die Schuld geben... dabei... ich konnte doch dafür gar nichts...

Können wir das mit den Sprüngen, langsam mal lassen? Irgendwie stört mich das etwas.

Ich ignorierte jeden der mich ansah. Mir war es egal. Wollten sie Mandy. Bekamen sie eine übel gelaunte Mandy mit Suizidgefährdung.

[klar... um ehrlich zu sein, ich habe mich schon gefragt, wann dich das stören würde... *grinst*]

Ayashi sah sie an. "Hey..." sagte er leise und nahm ihre Hand.

[Du willst mich extra auf die Palme bringen? -_- Nicht nett ]

Ich seuftze traurig und leise, als er meine Hand nahm. Ich verdiente ihn einfach nicht.

[nein... eig. nicht.... aber... nya.... ach, wurscht, ich lasse es jetzt einfach^^]

"Sei nicht traurig..." meinte er und nahm sie in den Arm. "Du siehst wunderschön aus..." Er küsste sie auf die Stirn.

"Ich hasse es gefangen zu sein.", sagte ich leise und lehnte mich an Ayashi.

"Nicht nur du..." sagte Ayashi leise und traurig. "Es macht mich traurig, dich so gebrochen zu sehen... Ayani ist nicht hier... nur das verwirrte Mädchen..."

"Dieses Mädchen soll mir gefälligst aus dem Weg gehen.", murmelte ich. Ich führte Ayashi in mein Zimmer. Ich wollte einfach nicht mehr im Gang stehen.

"Sei nicht so hart zu Sabrina..." sagte Ayashi leise. "Wenn sie so heißt..." Er blickte bedröppelt zu Boden. "Ich habe oft mit ihr geredet... sie wirkte auf mich wie ein Kind... Ein Kind, das nicht mehr weiß, wo es hingehört..."

"Meinetwegen kann sie meinen Platz haben, wenn ich dafür gehen darf.", sagte ich murrend. Ich saß auf der Fensterbank und beobachtete die Soldaten, die unter meinem Fenster hin und her schritten.

Ayashi schüttelte den Kopf. "Ich glaube nicht, dass du ohne sie gehen wolltest, wenn meine Vermutung richtig ist..."

"Ahja?" Ich nahm eine Glasfigur und warf sie aus dem Fenster. Der zerbrechliche Körper der Ballerina zersprang und ließ die Soldaten verwundert nach oben gucken.

"Ich glaube, dass dieses Mädchen meine Schwester ist." sagte Ayashi ruhig und lehnte sich gegen den Türrahmen. "Und hör auf, Gegenstände zu zerstören."

Ich hatte gerade eine Murmel in die Hand genommen, um sie hinab zu werfen, als ich inne hielt. "Dieses Mädchen kann nicht Ayani sein.", schüttelte ich den Kopf.

"Ach ja, und warum nicht?" fragte Ayashi, hielt Mandy an den Händen fest, drehte sich mit ihr zusammen, sodass beide nebeneinander aufs Bett fielen. "Sag mir das bitte."

"Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie freiwillig hier bleiben würde.", sagte ich davon überzeugt.

"Ich auch nicht... aber dieses Mädchen hat ihr Gedächtnis verloren. Sie weiß nur noch, dass sie vor eineinhalb Monaten unter einem weißen Baum aufgewacht ist und dieses Aussehen hatte. Vor eineinhalb Monaten ist Ayani verschwunden. Und sie ähnelt Ayani..."

"Viele Menschen haben rote Haare.", sagte ich leise, jedoch unsicher. Ich kuschelte mich dann zögerlich an Ayashi.